Blogbeiträge zum „Sturm auf das Kapitol“
Wie wird es weitergehen? – Die USA im Chaos wegen eines Präsidenten
„Make America great again!“ Das war der Wahlspruch Donald Trumps bei der Präsidentschaftswahl 2015/16 und gleichzeitig das Motto seiner Politik. Doch konnte er sein Ziel überhaupt umsetzen? Trump versuchte zwar während seiner Amtszeit, die USA aus allen, aus seiner Sicht, wirtschaftlich einschränkenden Abkommen hinauszuziehen, um den Staat unabhängig zu machen. Allerdings führte dies in vielen Fällen zu außenpolitischen Spannungen und Gegensanktionen, wie zum Beispiel mit China. Trotzdem änderte Trump seinen politischen Kurs nicht. Er zeigte sich provokativ, ging auf Konfrontation, kurz gesagt, er sprach alles aus, was ihm in den Sinn kam.
Auch bei den Präsidentschaftswahlen 2020/21 sah sich Trump schon vor dem eigentlichen Wahlkampf als Sieger. Während der TV-Duelle ließ er Herausforderer Joe Biden kaum einen Satz beenden. Als sich jedoch bei der Auszählung der Stimmen nach der Wahl zeigte, dass es ein enges Rennen zwischen den beiden Kandidaten wird, sprach der Präsident erstmals von Wahlbetrug. Das Ironische daran: Trump hatte zuvor seine Anhänger, zum Beispiel in North Carolina, zur doppelten Stimmenabgabe, einmal durch Briefwahl und durch persönliche Abstimmung, aufgefordert. Außerdem rief er die Auszähler dazu auf, die Briefwahlen zu ignorieren, da diese nicht gültig seien. Aber das ist noch nicht alles: Trotz seiner eindeutigen Wahlniederlage erkannte Donald Trump diese nicht an und sprach weiterhin von Wahlbetrug, obwohl in einem Bundesstaat die Stimmen sogar zwei Mal ausgezählt wurden, weil das Ergebnis sehr knapp war. Trump verkündete, er würde diese Niederlage nicht kampflos hinnehmen und stellte direkt Anträge in verschiedenen Bundesstaaten, dass die Wahl ungültig sei, und wollte sogar vor den Supreme Court ziehen. Doch seine Klagen wurden abgewiesen, zum Glück! Während Bidens Unterstützter erleichtert aufatmen, können die Trump-Anhänger ihre Wut kaum kontrollieren. Sie glauben ihrem Präsidenten und sind überzeugt, dass ihm der Wahlsieg gestohlen wurde. Der Zorn und die Empörung, aber gleichzeitig auch die Hilflosigkeit seiner Unterstützer spitzte sich immer weiter zu, sodass ein Teil der Gruppe, der sogenannten „radikalste Kern“ am Ende versuchte, Trump die verlängerte Amtszeit mit Gewalt zu verschaffen: Eine Gruppe von Menschen stürmte am 6. Januar das Kapitol, in dem zu der Zeit gerade die Wahl Bidens zum neuen Präsidenten bestätigt wurde. Bei diesem Angriff starben fünf Menschen, darunter auch ein Polizist, der versuchte, das Kapitol zu verteidigen. Trump bemühte sich nicht um Beschwichtigung, im Gegenteil, er zeigte Verständnis für die Angreifer, dass sie zu solch drastischen Mittel greifen mussten.
Trump hat während seiner Amtszeit, die USA nicht „great“ gemacht, sondern sie gespalten. Er hat es geschafft, dass hunderttausende Menschen, das Wahlsystem des Landes, welches schon seit 1788 in dieser Form besteht, nun anzweifeln. Die Menschen verlieren das Vertrauen in die Politik und darin, dass ihre Meinung und ihre Stimme zählen, dass sie durch Wahlen effektiv am politischen Geschehen mitwirken können, so, wie es eigentlich der Fall sein sollte. Mit seiner direkten Aufforderung zum Wahlbetrug fällt er praktisch seinen Vorfahren in den Rücken, die die Verfassung entwarfen, sowie denjenigen, die bei dem Kampf um die Demokratie ihr Leben ließen. Des Weiteren schürte er Gewalt im Land. Durch die gespaltene Bevölkerung und die große Gewaltbereitschaft vor allem von Seiten der Trump-Anhänger droht nun sogar die Gefahr eines Bürgerkriegs. Und was tut der nun ehemalige Präsident dagegen? Nichts. Der neue Präsident Biden versucht zu schlichten und die USA zu einen, indem er betont, dass sie eine Nation sind und dass die vorherrschenden Probleme wie zum Beispiel die Corona-Pandemie nur gemeinsam gelöst werden können. Biden sieht sich aber einer schweren Aufgabe gegenüber und zwar, das Vertrauen der Bevölkerung in die Demokratie wiederherzustellen und die Menschen, insbesondere die Trump-Wähler, von sich zu überzeugen. Sogar die Regierungen in anderen Ländern, zum Beispiel in Deutschland, haben Angst, dass sich ähnliche Szenarien auch hier abspielen werden, dass der Ansturm aufs Kapitol und das radikale Gedankengut dahinter auf Menschen in anderen Ländern übergreift.
Insgesamt ist es sehr erschreckend, wie nur eine Person durch einige unüberlegte Worte das Vertrauen einer ganzen Nation in ein seit Jahrhunderten bewährtes politisches System erschüttern kann. Ich finde Trumps Verhalten in vielen Dingen sehr fragwürdig, insbesondere was seine Äußerungen betrifft. Vor allem aber finde ich es komplett respektlos von ihm, der Bevölkerung gegenüber, wie er mit seiner Wahlniederlage umgeht. Anstatt, dass er die Ehre hat, würdevoll abzutreten und Joe Biden zu seinem Sieg zu gratulieren, spricht er von Wahlbetrug und dass er der eigentliche Sieger sei. Damit macht er deutlich, dass für ihn die Meinung der Bevölkerung gar nicht zählt, es sei denn, sie entspricht seiner eigenen. Ein Präsident hat die Pflicht, zum Wohle des Volkes zu handeln und er sollte seine Meinung respektieren und sie nicht für ungültig erklären. Was teilweise aber noch schlimmer ist, ist, dass es in den USA immer noch Menschen gibt, die ihm glauben, seinem Worten vertrauen und für ihn kämpfen, ohne sich zu fragen, ob das wirklich das Richtige ist, und die dabei noch zu Gewalt greifen und so Unschuldige verletzen. Für mich steht fest, so einen Präsidenten darf es niemals wieder in den USA geben.
Joline Strecker