„Looking for freedom“ nach bestandenem Abi
Looking for freedom“ nach bestandenem Abi
Das Eichsfeld-Gymnasium verabschiedet seine 105 Abiturienten
Von Ute Stecker
Ausdauer und wedelnde Fächer (oder Programmblätter) gegen schweißtreibende Temperaturen waren gefragt bei der diesjährigen Abiturentlassfeier im Ballhaus „Zum fidelen Anreischken“ am Freitag, 28.06.2019. Die Absolventen, Akteure und die zahlreichen Gäste bewiesen Steh- und Sitzvermögen und wurden reichlich belohnt durch eine Feier, die mit Musik und Worten zu Herzen ging. Sie stand ganz unter dem Zeichen des Abimottos „12 Jahre gehasselt und gehofft. Abi looking for freedom“, basierend auf dem Song von David Hasselhoff aus dem Jahre 1989.
Einen schwungvollen Auftakt bildete der Einzug der Abiturienten nach „Pixar Movie Magic“, gespielt von der Concert Band unter der Leitung von Gitta Ammer. Die stellvertretende Schulleiterin Ute Stecker bescheinigte in ihrer Begrüßung dem letzten G8-Abiturjahrgang am EGD, dass er durch „eine starke Leistung“ überzeugt habe. Alle 105 Abiturientinnen und Abiturienten hätten bestanden, davon zwei mit der Traumnote 1,0 und 26 mit einer Eins vor dem Komma. Auch der Abiturdurchschnitt lasse sich sehen; er betrage 2,45 und sei damit das fünfte Jahr in Folge deutlich besser als der Landesdurchschnitt der vergangenen Jahre.
Schulleiter Thomas Nebenführ gratulierte den Abiturienten zu ihren hervorragenden Leistungen und ließ darüber hinaus weitere Höhepunkte der Oberstufe Revue passieren, z. B. die erfolgreiche Teilnahme des EA-Kurses Politik-Wirtschaft mit Jens Stumpf an dem Wettbewerb „Jugend und Wirtschaft“ , die Präsentation der prämierten Seminarfacharbeiten und die Ausrichtung der Ausstellung „Migration im Kreis“ durch den EA-Kurs Geschichte unter der Leitung von Ben Thustek. In seiner Abiturrede vertiefte Herr Nebenführ das Thema „Looking for freedom“ mit Beispielen aus der Geschichte und Mythologie. Bezugnehmend auf die griechische Sage von Dädalus und Ikarus führte er aus, dass im Unterschied zu Ikarus, dessen Übermut ihn zu dicht an die Sonne fliegen und daraufhin ins Meer stürzen ließ, das Streben nach Freiheit „Wissen, Erkenntnis und maßvolles Handeln“ verlange. Schulleiter Nebenführs Leitgedanke: „Freiheit will gelernt sein. Freiheit fordert. Freiheit lädt ein.“
Die Tatsache, dass es aus der Elternperspektive nicht immer leichtfalle, die Kinder in die Freiheit und Selbstbestimmung zu entlassen, beschrieb Bernd Leonhard, 1. Vorsitzender des Schulelternrats, in seinem Grußwort. Nach seiner Überzeugung hätten alle Eltern „nach Kräften mit an diesem Strick gezogen“, dass ihre Kinder den heutigen Abend erreicht haben. Den mittlerweile jungen Erwachsenen gab er den Ratschlag mit auf den Weg, die neu gewonnene Freiheit positiv für sich selbst und ihre Mitmenschen zu nutzen und allem Neuem gegenüber offen und vorurteilsfrei zu sein.
Auch Kreisrat Marcel Riethig rief die Abiturientinnen und Abiturienten zu Offenheit und Toleranz auf. Er lobte sowohl die beeindruckenden Leistungen der Absolventen als auch die „ganz tolle Arbeit“ des Lehrerkollegiums. Für das EGD hatte er noch eine gute Nachricht im Gepäck: „Der Landkreis arbeitet daran, dass hier in Zukunft unter einem Dach unterrichtet wird.“
Die Schülersprecher Nicolas Stegemann und Svenja Bodem blickten zurück auf die Schulzeit ihrer scheidenden Mitschülerinnen und Mitschüler und nannten prägende Ereignisse, wie z. B. die Einschulung in der Sporthalle, die ersten beiden Schuljahre in der Außenstelle in der Astrid-Lindgren-Schule, Klassenfahrten, Zeugnisse und später die Neuorientierung in der Oberstufe. Nun sei endlich die Freiheit erlangt, aber auch jenseits des Abiturs warteten Herausforderungen. „Und wenn ihr hinfallt, steht einfach wieder auf“, empfahl Nicolas Stegemann seinen Mitschülern.
Viel Applaus ernteten auch die Jahrgangssprecher des Abiturjahrgangs, Antonia Kunze und Noah Brämer, die ebenfalls das Abimotto aufgriffen: „Die Freiheit ist unser ständiger Begleiter,“ sagte Antonia. Nach unvergesslichen Erlebnissen in den Klassen, Kursen, im Oberstufenraum und mit der SV sei es jetzt aber Zeit, Abschied zu nehmen. Antonia Kunze wurde von den Schülersprechern für ihr außerordentliches Engagement in der Schülervertretung in fast ihrer gesamten gymnasialen Schulzeit geehrt.
Umrahmt wurden die Reden von zahlreichen Musikbeiträgen der EGD-Musikensembles. Die Medleys „La-La-Land“ (Concertband) und „Disney on Stage“ sowie „A Million Dreams“ (Oberstufenchor unter der Leitung von Stephan Diedrich) entführten in traumhafte Welten; Hartwig Depenbrocks Bigband beeindruckte mit dem Jazzklassiker „Work Song“ und mit „Fields of Gold“ von Sting, bei dem die Abiturienten Rico Hillebrecht und Frederik Iggena wieder einmal mit ausdrucksstarken Soli auf dem Saxophon und Tenorhorn ihr Können zum Besten gaben.
Schließlich war es soweit: Die Bühne gehörte den Abiturientinnen und Abiturienten, die in der Reihenfolge der Tutorengruppen vom Schulleiter die Abiturzeugnisse in Empfang nahmen. Sie ließen es sich aber auch nicht nehmen, ihren Tutorinnen und Tutoren für die zwei Jahre Unterricht und Begleitung am EGD Danke zu sagen; mit Augenzwinkern gern mal unterrichtliche Besonderheiten aufs Korn zu nehmen, gehörte dazu, ebenso wie kleine Präsente für die wichtigsten Ansprechpersonen in der Oberstufe.
Auszeichnungen und Preise von der Sparkasse Duderstadt gab es für die jahrgangsbeste Abiturientin Melina Justus (Notendurchschnitt 1,0) und für die Zweitbeste Alina Nordmann (ebenfalls 1,0) mit der besten Fremdsprachenleistung. In den einzelnen Fächern erzielten Bestleistungen: Anne Arand (Mathematik, Physik), Celine Mundt (Biologie), Melina Justus (Chemie und Deutsch), Franka Wüstefeld (Geschichte), Jana Gerhardy (Politik-Wirtschaft), Sonja Förster (Erdkunde), Alina Nordmann (Katholische Religion), Sophia-Rosa Reinicke (Englisch und Kunst), Alex Rittmeier (Französisch), Carolina Kirscht und Julia Rudolph (Spanisch), Frederik Iggena (Musik).Sie erhielten meist Preise von Fachvereinigungen oder weiteren Sponsoren.
Den krönenden Abschluss des Abends bildeten ein mitreißender Tanz-Act zu „High School Musical Mashup“ vom erstmals zum Abitur gebildeten Tanzensemble “Abijahrgang 2019” (Choreografie: Leonie Förster, Julia Rudolph, Chantal Siebert) und die Songs des Abichors 2019: „Auf Uns“ und „Für immer bleibt“.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt ließ so mancher seinen Abschieds- und Freudentränen freien Lauf – und auch das gehört zu „Abi looking for freedom“, dem Weg in die Freiheit nach dem Meistern der Reifeprüfung.
Kreisrat Riethig begrüßt die Gäste
Insgesamt 105 Abiturienten werden verabschiedet
Jede TG erhält die Zeugnisse aus der Hand des Schulleiters
Die besten Schülerinnen und Schüler erhalten Preise
Begrüßung durch die stellvertr. Schulleiterin, StD´Ute Stecker:
Begrüßung zur Abiturentlassfeier 2019
Liebe Abiturientinnen und Abiturienten, sehr geehrte Eltern, Angehörige und Freunde, verehrte Gäste, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, liebe Schülerinnen und Schüler,
ich begrüße Sie zur Abiturentlassungsfeier 2019 am Eichsfeld-Gymnasium Duderstadt unter dem diesjährigen Motto „Abi looking for freedom – 12 Jahre gehasselt und gehofft”. Das Erlangen dieser Freiheit nach unzähligen Bewährungsproben innerhalb der Schulmauern soll heute gebührend gefeiert werden. Herzlichen Dank an die Concertband unter der Leitung von Frau Ammer für den schwungvollen Auftakt!
Es freut mich sehr, dass zahlreiche Ehrengäste unserer Einladung gefolgt sind, die ich namentlich nennen möchte.
- Ich begrüße Herrn Ehbrecht als Mitglied des Niedersächsischen Landtages
- Als Vertreter des Landkreises Göttingen heiße ich Herrn Kreisrat Riethig herzlich willkommen verbunden mit einem Dank für das Grußwort, das Sie in Kürze an uns richten werden.
- Für die Stadt Duderstadt begrüße ich den stellvertretenden Bürgermeister Herrn Schenke und den Vorsitzenden des Schulausschusses Herrn Diederich.
- Für die Polizei Duderstadt begrüße ich Herrn Erster Polizeihauptkommissar Wüstefeld und Herrn Polizeihauptkommissar Falkenhagen verbunden mit einem herzlichen Dank für die wertvolle Arbeit mit unseren Schülerinnen und Schülern
Für die Bundespolizei begrüße ich Herrn Erster Polizeihauptkommissar
Sehrt.
- Ein herzliches Willkommen an Vertreter der Förderer und Kooperationspartner des Eichsfeld-Gymnasiums, Herrn Teichert, Vorstandsmitglied der Sparkasse Duderstadt und Herrn Feike, Regionaldirektor der Volksbank Mitte. Auch hier nutze ich die Gelegenheit, mich für die großzügige Unterstützung durch Ihre Institute zu bedanken, ohne die vieles nicht möglich wäre.
- Als Vertreterinnen und Vertreter der weiterführenden Schulen heiße ich willkommen ..
- Frau Oberstudiendirektorin Freese von der Berufsbildenden Schule Duderstadt
- Herrn Rektor Hoppe von der Heinz-Sielmann-Realschule
- Frau Gesamtschuldirektorin Breckerbrohm, Leiterin der IGS-St. Ursula
- Frau Dannoritzer, Direktorstellvertreterin der KGS Gieboldehausen
- Für die Grundschulen begrüße ich
- Frau Rektorin Glaese-Nörthemann von der St.-Georg-Schule Nesselröden
- Frau Rektorin Schulz, Grundschule Langenhagen
- Frau Rektorin Ohse von der Paul-Maar-Grundschule Hilkerode,
- Frau Rektorin Kopp, Grundschule Mingerode,
- Frau Urbanik von der St. Elisabeth-Schule Duderstadt, die auch als Mutter einer Abiturientin heute anwesend ist.
- Schulelternrat, Schulvorstand
Ein herzliches Willkommen an Herrn Leonhard, 1. Vorsitzender des Schulelternrats und Mitglied im Schulvorstand.
- Als Vertreter der Presse begrüße ich Herrn Riese vom Eichsfelder Tageblatt.
Ich würde gern alle unsere Gäste namentlich erwähnen, bitte sehen Sie es mir nach, wenn dies aus Zeitgründen nicht möglich ist. Wir freuen uns, dass Sie alle gekommen sind!
Und nun zu Ihnen, liebe Abiturientinnen und Abiturienten:
Als Abiturjahrgang 2019 sind Sie der vorerst letzte Jahrgang in Niedersachsen , der im Rahmen von G8 (acht Jahren Gymnasium) sein Abitur absolviert, was mit mehr Zeitdruck als bei den nachfolgenden G-Neunern verbunden ist, was Ihnen aber jetzt günstige Startbedingungen für Studium und Beruf eröffnet. In der Summe wurde am EGD ein Zentralabitur in insgesamt 15 Fächern abgelegt, darüber hinaus gab es mündliche Prüfungen, auch in Geschichte bilingual, und praktische Prüfungen in den Schwerpunktfächern Sport, Musik und Kunst. In diesem Jahr überprüfte das Kultusministerium nach zahlreichen Beschwerden und einer medienwirksamen Online-Petition den Anspruch und Umfang der Mathematikaufgaben mit dem Ergebnis, dass die Aufgaben zwar umfangreich, aber leistbar gewesen seien. Bedauerlicherweise ist dadurch auch im Untereichsfeld der eine oder andere Punkt abhanden gekommen — im Unterschied zu 2016, wo bei einem ähnlichen Problem der Bewertungsmaßstab angepasst worden war.
Trotz dieser höheren Hürde haben Sie alle Ihr Ziel erreicht, sei es mit bewundernswerter Disziplin, mit cooler Lässigkeit oder in einem rasanten Endspurt. Ich selbst habe Sie im Abibuch mit folgenden Attributen beschrieben: supernett, konstruktiv, stark. Jetzt darf ich offiziell bestätigen, dass Sie mit einer starken Leistung überzeugt haben.
Es wurden 105 Schülerinnen und Schüler zum Abitur zugelassen und es haben alle bestanden, davon zwei Abiturientinnen mit der Traumnote 1,0 und 26 von Ihnen mit einer 1 vor dem Komma.
Meinen herzlichen Glückwunsch zum bestandenen Abitur!
Bei aller Vorsicht hinsichtlich der Aussagekraft von Durchschnittswerten möchte ich Ihnen den diesjährigen Abiturschnitt mitteilen. Er lautet 2,45 und ist damit das fünfte Jahr in Folge deutlich besser als der Landesdurchschnitt der letzten Jahre, der zwischen 2,54 und 2,57 betrug. Den diesjährigen Durchschnitt Niedersachsens warten wir noch ab.
Für diese beeindruckende Leistung gilt auch Ihren Lehrerinnen und Lehrern ein besonderer Dank, die durch ihr Fachwissen und ihre Pädagogik maßgeblich dazu beigetragen haben. Ein herzliches Danke Ihnen, liebe Eltern, für all Ihre Unterstützung, Ihre Ermahnungen und Ermunterung und Ihre gute Kooperation, ohne die wir es alle miteinander nicht geschafft hätten.
Liebe Abiturientinnen und Abiturienten, halten Sie das Glück und dieses Gefühl der Zufriedenheit fest, die schulischen Hürden und Mauern überwunden zu haben. Alles Gute auf Ihrem Weg in die Freiheit! Vielen herzlichen Dank.
Gußwort des Elternratsvorsitzenden, Herrn Leonhard:
Meine sehr geehrten Damen und Herren aus nah und fern,
liebe Freunde und Verwandte,
liebe Eltern,
liebe Lehrkräfte,
liebe Abiturientinnen und Abiturienten!
Was für ein Tag! Ein bedeutsamer Tag!
So viele Menschen, die sich hier zusammen gefunden haben. Festliche Kleidung, feierliche Stimmung, vorher ein feierlicher Gottesdienst in der St. Cyriakus – Kirche. Draußen scheint die Sonne. Und wenn wir hier raus sind, stoßen wir alle noch mit einem Glas Sekt an. Und – das Wichtigste — Ihr, liebe Abiturientinnen und Abiturienten werdet nachher eure Abitur-Zeugnisse überreicht bekommen. Also ein rundum wichtiger Tag, aber auch äußerlich wie innerlich ein Freudentag. Da ist man versucht, vieles zu vergessen, manches vielleicht auch zu verdrängen, was auf diesem Weg bis zum heutigen Tage so alles gewesen ist.
Zunächst einmal aus Sicht der Lehrkräfte: Es war sicher nicht immer alles ganz leicht und auch nicht immer alles nur erfreulich, was während der Schulzeit der Abiturientinnen und Abiturienten so abgelaufen ist. Und dennoch: wir alle – und insbesondere ihr, liebe Abiturienten, steht oder sitzt heute hier! Und mit euch ein Teil der Lehrer, die euch hierher gebracht haben. Ohne Sie, liebe Lehrkräfte, säßen wir alle heute Abend nicht hier: Auch wenn es Ihr Beruf ist, man kann einen Job natürlich so oder so machen: Sie haben, das ist jedenfalls mein allgemeiner Eindruck an dieser Schule, mit großem Engagement dafür gesorgt, dass bei unseren Abiturientinnen und Abiturienten am Ende nicht nur ein Abitur- Zeugnis mit mehr oder weniger guten Noten steht, sondern dass unsere Abiturientinnen und Abiturienten auch tatsächlich studierfähig sind. Und darauf muss es letztendlich ja ankommen: Schließlich soll das Abiturzeugnis ja mehr wert sein als das Papier auf dem es geschrieben ist. Natürlich können dies Schüler und Lehrer, die die Jahre des Unterrichtes ja miterlebt haben, viel besser beurteilen als ich. Ich habe mir aber auch in diesem Jahr wieder zehn mündliche Abiturprüfungen angesehen und angehört, aus denen ich den Eindruck gewonnen habe, dass an dieser Schule leistungsgerecht bewertet wird und nichts verschenkt wird. Das sollte aber auch für die Abiturientinnen und Abiturienten ein wichtiges Resultat erzeugen: Das, was auf dem Papier steht, ist einerseits hart erarbeitet worden – ist andererseits aber auch ehrlich verdient! Ich glaube, das gibt auch ein gutes Gefühl – nach aller Schinderei die Jahre über. So möchte ich heute im Namen aller Eltern — ich hoffe aber, ich darf das auch im Namen aller Schüler — Dank sagen an das Lehrerkollegium des Eichsfeld-Gymnasiums, das meinem Eindruck nach über alle Maßen engagiert die Schülerinnen und Schüler, unsere Kinder, voranzubringen bemüht ist. Lassen Sie nicht ab in diesem Bemühen — an solchen Tagen wie heute kann man, glaube ich, gut ablesen, dass sich dieses Bemühen auch lohnt. Heute können wir Ihnen für das Erreichte aber einmal ausdrücklich und in diesem Forum Dank sagen.
Ich denke, das ist einen Applaus wert!
Nun mal zu uns Eltern: Wir sind ja immer so ein wenig außen vor, wenn es um das Thema Schule geht: Bei dem eigentlichen Geschehen sind wir fast nie dabei. Die langen Stunden, Tage, Wochen, Monate und Jahre der Schulzeit verbringen unsere Kinder als Schülerinnen und Schüler zumeist mit den Lehrkräften und nicht mit uns. Insofern können wir auch immer nur begrenzt beurteilen, was in der Schule tatsächlich stattgefunden hat und was nicht. Das können die einen von uns besser, die anderen schlechter verkraften. (Ganz nebenbei: Ich glaube, dass es für unsere Nerven manchmal besser ist, dass wir nicht alles erfahren, geschweige denn womöglich in der Schule dabei sind.)
Dennoch meine ich, bleibt auch neben der Schule noch genug Zeit und Raum, Familienleben mit unseren Kindern zu praktizieren. Ich kann nur hoffen, dass Sie diese Zeit genossen und natürlich auch im positiven Sinne genutzt haben. Ich denke über eines sind wir Eltern uns einig: Bis auf wenige Ausnahmefälle, von denen zweifellos niemand hier anwesend ist, sind unsere Kinder für uns das Wichtigste auf der Welt. William Somerset Maugham hat einmal gesagt: „Die Liebe der Eltern zu ihren Kindern ist das einzige vollkommen selbstlose Gefühl.“ Ich glaube, das drückt aus, was wir Eltern alle denken und fühlen! Aber ich glaube auch, das – nämlich dieses so enge emotionale Band — macht es gerade so schwer, unsere Kinder ein gehöriges Stück in die Unabhängigkeit und vor allen Dingen die Selbstbestimmtheit zu entlassen. Einhergehend mit dem Abitur werden unsere Kinder, früher oder später, ja auch volljährig und damit auch rechtlich selbstständig (wenn sie es nicht schon sind). Wir verlieren die rechtlichen Möglichkeiten, auf unsere Kinder einzuwirken. Wer also jetzt noch nicht 18 Jahre alt ist, wird es sicher in der nächsten Zeit werden – und darf dann plötzlich für sich selbst entscheiden. Ein ungewohntes Gefühl sowohl für Euch liebe Abiturientinnen und Abiturienten, zuvorderst aber für uns Eltern. War es doch für uns Eltern bisher selbstverständlich, auf das Wohl und Wehe der Kinder, der Schülerinnen und Schüler, der Teenies, der jungen Erwachsenen Einfluss zu nehmen, sowohl leitend als auch behütend
Ganz oft — zum Graus von uns Eltern — geht nämlich mit dem Abitur ein Verlassen des Elternhauses zum Zwecke des Studiums an einem anderen Ort einher. O Himmel: Das verändert zunächst einmal den familiären Ablauf kolossal. Was da alles wegfällt: Transporte von Kindern zu Veranstaltungen, Vereinen, Treffen mit Freunden. Aber auch so etwas wie Elternsprechtage eventuelles Engagement als Elternteil in der Schule und viele andere Sachen und Dienstleistungen, vor allen Dingen aber das durchgängige tägliche gemeinsame Familienleben enden jetzt abrupt.
Und trotzdem ist das markanteste sicher, dass ein Stuhl am Tisch eventuell demnächst leer bleibt. Es wird auch ruhiger werden im Haus oder in der Wohnung.
Ja liebe Eltern: Sie wären sicher nicht die Ersten, die sich plötzlich betreten umschauen und feststellen müssen: Huch, da ist ja gar keiner mehr da, nur noch wir beiden! Da kehrt womöglich gespenstische Stille ein, wenn man auf diesen Zeitpunkt nicht vorbereitet ist oder ein Alternativprogramm auflegen kann. Wenn Sie an dieser Stelle nicht rechtzeitig für Reserve-Kinder gesorgt haben, die ihrerseits dafür sorgen, dass der bisherige Betrieb mehr oder weniger so weiterläuft, ist dieser Zeitpunkt für manche Partnerschaft noch mal eine neue Anforderung, oftmals eine richtige Herausforderung!
Nur: Eines muss man an dieser Stelle sagen (Sie wissen dass zweifellos im tiefsten Inneren auch) man bekommt keine Kinder, damit diese einem ewig dankbar sind, einem Abwechslung für den Alltag oder ausschließlich Freude bringen. Mein löse sich also in Bezug auf die Anwesenheit und Verbundenheit der Kinder von allzu egoistischen Vorstellungen. Jean Paul hat einmal gesagt: Kinder und Uhren dürfen nicht ständig aufgezogen werden, man muss sie auch gehen lassen!
Bisher drehte sich in der Familie vieles, manchmal alles um euch liebe Abiturientinnen und Abiturienten und euer Ziel, einen möglichst guten Abschluss zu erreichen. Dass alle Eltern nach Kräften mit an diesem Strick gezogen haben, davon bin ich überzeugt. Sonst wären Sie alle heute nicht hier. Ich unterstelle, dass Sie als Eltern alles getan haben, um ihr Kind zu unterstützen um den heutigen Abend zu erreichen.
Ich finde, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, das ist doch vielleicht auch mal einen ordentlichen Applaus für eure Eltern wert, oder?
Na, liebe Eltern, das tut doch mal gut, oder?
Nun aber zu Euch, den Hauptpersonen des heutigen Abends: Den meisten von euch steht — jetzt oder vielleicht auch erst etwas später — die größte Veränderung bevor, die sie bisher im Leben erleben durften: Das Verlassen des Elternhauses, mindestens aber der Aufbau der eigenen Existenz durch Ausbildung und/oder Studium. Mit der Volljährigkeit kann man dann plötzlich unter Umständen auch selber und alleine Auto fahren, was den räumlichen Radius noch einmal erweitert. Erste über eine Liebelei hinausgehende längerfristige Partnerschaften werden unter Umständen geschlossen. Kurzum: Mit großen Schritten werdet Ihr erwachsen.
Kein Zweifel: Um heute Abend hier sitzen zu dürfen, musstet ihr jahrelang schuften und habt sicher auch einerseits viele Erfolgserlebnisse gehabt, andererseits aber vielleicht auch das eine oder andere Ärgernis durchlebt. Ich kann euch als alter Mann, na gut: uralter Mann sagen: das bleibt auch im weiteren Leben so. Und ich vermute, es wird sich nie ändern. Aber lebt das Leben nicht auch von der Abwechslung. Wie langweilig wäre es denn, wenn alles immer nur nach Wunsch laufen würde — quasi wie im Schlaraffenland? Fühlt man sich nicht gerade gut, wenn man große Schwierigkeiten aus eigener Kraft überwunden hat, große Steinbrocken weggerollt hat, die sich einem in den Weg gestellt haben und man sich berechtigterweise auch mal selber auf die Schulter klopfen kann? Die Aufgaben und Anforderungen an das tägliche Leben sind es doch, die uns überhaupt erst lebensfähig machen vor, uns vor allen Dingen auch wappnen für Krisen. Und wir haben das doch zweifellos auch bei unseren Eltern gesehen, dass nicht immer im Leben alles geradeaus läuft. Also können wir das auch nicht für uns erwarten. Aber ihr liebe Abiturientinnen und Abiturienten, davon bin ich überzeugt, werdet das alles schon meistern!
Selbst auf die Gefahr hin, dass sich einige, die in den letzten Jahren dieser Veranstaltung beigewohnt haben, jetzt zum Gähnen die Hand vor den Mund halten: 2 gut gemeinte Ratschläge möchte ich auch euch, wie in jedem Jahr mit auf den Weg geben:
Ihr habt heute eine neue Freiheit gewonnen wie wir gerade gehört und festgestellt haben, nutzt diese Freiheit im positiven Sinne für euch, aber auch für eure Mitmenschen und eure Umwelt. Seid offen für Neues, begegnet neuen Menschen ebenso offen wie vorurteilsfrei, nutzt eure Chancen, engagiert euch für eure Ziele aber auch für andere Menschen und deren Ziele — das bereichert ganz oft das eigene Leben.
Und: Seid Euch immer bewusst, wo Ihr mal hergekommen seid! Wer euch geboren hat, wer euch aufgezogen hat, wer euch erzogen hat und wer euch in eurem Leben bis zum heutigen Abend behütet, begleitet und gefördert hat. Nur dann wird es euch gelingen, euch das zu bewahren, was man landläufig „Bodenhaftung“ nennt.
Euch, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, wünsche ich nun, dass Ihr den Mut, die Kraft und auch den Willen habt, den von Euch erdachten Lebensweg zu gehen. Für diesen Weg wünsche ich jedem Einzelnen von Euch im Namen der gesamten Elternschaft der Schule Glück, Gesundheit, Kreativität, Zufriedenheit und — darum ging es ja auch schon beim Abitur — größtmöglichen Erfolg!
Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben!
Abiturrede, Abiturjahrgang 2019, Schulleiter OStD T. Nebenführ:
Abiturrede 2019
Ja, meine lieben Abiturientinnen und Abiturienten,
es ist mal wieder soweit:
Punktgenau, planmäßig, formvollendet.
Kurz gesagt:
Sie verlassen das EGD – wir sind dabei.
Und zwar hier in diesem festlich dekorierten Saal.
Sie alle, liebe Anwesenden, begrüße ich sehr herzlich
zu diesem Event ganz besondere Art:
Dem Abitur 2019
Das Eichsfeld-Gymnasium Duderstadt
verabschiedet sich von 105 jungen Damen und Herren.
Wir, Ihre Lehrerinnen und Lehrer,
entlassen Sie aus dem Zuhause,
den Räumen des Eichsfeld-Gymnasiums,
Sie machen sich bereit, die Welt zu erkunden, sie zu erobern.
Weit hinaus wollen Sie, liebe Abiturientinnen und Abiturienten.
Das gilt es zu feiern.
Begonnen haben Sie den Schlussakkord Ihrer Schulzeit heute
mit dem ökumenischen Gottesdienst in St. Cyriakus.
„Alles hat seine Zeit“ – wie wahr gesprochen.
Und wie genial die Idee,
dies mit den Erfahrungen an unserer Schule zu verknüpfen.
Herzlichen Dank dafür an das ABI-Gottesdienst-Vorbereitungsteam,
Frau Pastorin Edelmann und Herrn Kaplan Rejnowski,
und dem Abichor für den wunderschönen Gesang,
der mich sehr angerührt hat.
Nun darf hier ganz offiziell vollendet werden,
was damals vor acht oder neun oder sogar sieben Jahren
vielleicht nicht ganz so festlich begonnen hat.
Werden Erinnerungen wach? Alles war damals neu.
Das EGD und seine Außenstelle, das heutige EGD Junior
mit vielen Räumen,
fremden Gesichtern, Hausaufgaben,
die länger dauerten als in den Grundschulen von Duderstadt und
den umliegenden Dörfern und Gemeinden.
Und klingt das immer noch in Ihren Ohren?
„Kind du schaffst das!“
„Ja, du bist größer als du denkst!“
Wie großartig, dass Diane Weigmann,
eine liebe Freundin aus Berlin,
diesen Satz auf ihrer neuen CD zu einem
musikalischen Ohrwurm verwandelt hat.
Punktgenau zu Ihrem Abitur.
Formvollendet! War das geplant?
Ich jedenfalls konnte Ihnen diese Mutmachmelodie
noch vor Ihren Prüfungen vorspielen.
Erinnern Sie sich an den Refrain?
„Du bist größer als du denkst, stärker als du glaubst.
Die Schwerkraft hebt sich auf, wenn du auf dich vertraust.
Du bist größer als du denkst, heller als das Licht.
Der Himmel reißt auf, wenn du die Schallmauer durchbrichst.“
Ich muss Ihnen gewiss nicht sagen,
dass Töne kleine Wunder bewirken können.
Dies erleben wir auch stets, wenn unsere hauseigenen Musiker
zeigen, was sie leisten und uns
mit Kostproben aus ihrem Repertoire begeistern.
Herzlichen Dank an die Concertband
unter der Leitung von Frau Gitta Ammer,
an den Schulchor von Dr. Stephan Diedrich
und die Bigband mit dem Dirigenten Hartwig Depenbrock.
Ich meine, Sie alle haben einen Applaus verdient.
Und ebenso lautstark möchten wir uns bei denjenigen bedanken,
die Sie, liebe Abiturientinnen und Abiturienten,
heute hier auf die Bühne begleiten werden — Ihre Tutoren!
Wo sind sie, liebe Kolleginnen und Kollegen?
Sie dürfen sich ruhig mal von Ihren Plätzen erheben.
Frau Kluge, Frau Thielecke, Frau Engel, Herr Schöbel, Herr Thustek, Frau Pontius, Herr Dr. Diedrich, Herr Fiedler,
Sie alle waren nicht unbeteiligt, dass diese 105 jungen Damen und Herren das EGD verlassen dürfen,
die Lizenz, die Reife dafür erhalten haben.
Leistung stand an oberster Stelle, Geistesnahrung.
Sie ließ die Lernerfolge wachsen.
Wie bereits gehört (ich muss es halt noch einmal sagen)
können wir auf einen Notendurchschnitt von 2,45 sehr stolz sein.
Eine gelungene Symbiose aus Schülern und Lehrern.
Denn all ihre Tutorinnen und Tutoren
sind mehr als nur Lerninhalte Vermittelnde.
Ihre Lehrerinnen und Lehrer haben mit ihren Impulsen dafür gesorgt,
dass Sie willens sind, das Leben zu erproben,
dass Sie sich auf den Weg machen,
nach Ihren Idealen Ausschau zu halten,
dass Sie bereit sind,
den Gedanken der Freiheit mit Leben zu erfüllen,
dass Sie erfahren haben,
dass dies auch Anstrengung, Fleiß und Leistung erfordert.
Sie haben es geschafft!
Punktgenau, planmäßig, formvollendet.
Und dies ist der Beweis: Den lieferten Sie!
Neben dem Notendurchschnitt sind vor allem die Leistungen im Einzelnen aller Ehren wert!
Als da sind
- die hervorragenden Abiturnoten von …
Fußnote
Auf den Plätzen 1–11 bis zur 1,4 ist nur das weibliche Geschlecht vertreten,
während die guten Pferde,
die nur so hoch springen, wie sie müssen,
auf den letzten 10 Plätzen,
mit einer Ausnahme nur Hengste sind.
- die hervorragenden Abiturnoten
von Melina Justes mit 1,0
von Alina Nordmann mit 1,0
von Johanna Wiechmann mit 1,1
- die kleinen und großen Siege auf den letzten Metern in den Nachprüfungen
- die bemerkenswerten Arbeiten im Rahmen des Seminarfachs von
Pia Gatzemeier, Alina Nordmann,
Johanna Schrader und Calvin-Leon Bauer,
die vom Rotary Club Duderstadt- Eichsfeld im März mit jeweils 100 € prämiert wurden
- die Glanzleistungen in den Artikeln der F.A.Z. im Rahmen von „Jugend und Wirtschaft“, verbunden mit der Preisverleihung in Berlin, bei der ich Sie und Herrn Stumpf begleiten durfte
- die beeindruckende Ausstellung „Migration im Kreis“, die wir, genauer der EA Kurs Geschichte mit dem Tutor Herr Thustek,
am Dienstag dieser Woche im EGD eröffnet haben.
Meine Empfehlung an alle: Nehmen sie sich die Zeit, bis Mittwochmittag wird die Ausstellung noch zu sehen sein.
- die wunderbaren musikalischen Beiträge innerhalb des Walls aber auch außerhalb von Duderstadt durch unsere Ensembles,
- die guten und sehr guten Erfolge in den sportlichen Wettkämpfen von der Kreis- bis hin zur Landes- und Bundesebene
- die grandiose organisatorische Leistung,
ohne die diese feierliche Entlassung,
der Abiball, das Abibuch, der Abisturm und, und, und … kaum realisiert worden wären …
Stopp!
Erlauben Sie Ihren Händen eine kurze Klatschpause.
Denn wir wollen Sie, liebe Eltern,
Großeltern, Geschwister, Familienangehörige,
Freunde und Bekannte mit einbeziehen.
Der Kreis ist geschlossen.
Die Zeit am EGD ist Geschichte
Die einst so vertraute Umgebung wird verlassen.
Ab morgen oder wohl besser
nach der durchtanzten Abiballnacht gilt:
„ABI looking for freedom!“
Hm, Sie kennen den Weg in die Freiheit?
Sie glauben daran? Gewiss!
Sonst hätten Sie das Motto wohl kaum gewählt!
„Nach der Freiheit schauen“ (Looking for Freedom) –
Soll das heißen:
Endlich keine Schule mehr,
neue Kräfte spüren,
Dinge aus anderen Perspektiven
erleben und entdecken,
betrachten und bedenken.
Träume von unendlicher Weite,
Meeresrauschen, Palmen,
Sonnenaufgang, Sonnenuntergang.
Abenteuern,
Zeitlosigkeit, Freiheit,
eine Musik, die zum Schwofen einlädt.
„Und wenn sie tanzt, ist sie woanders …
Lässt alles los für das Gefühl.“
Ja, ich weiß, falsche Schublade.
Das war Max Giesinger 2016.
Nein, dies ist nicht der Hit.
Ihr Favorit ist ein Oldie aus dem Jahr 1989, ein Hitparadenstürmer,
ein Song, den wohl jeder kannte.
Heute, 30 Jahre später, liebe Eltern,
ich versuch es mal mit
Dieter Thomas Heck :
Auf Platz 1 im Abi-Motto-Ranking 2019 steht unangefochten
„Looking for Freedom“
mit dem Interpreten David Hasselhoff.
Zufall oder passgenau, dass Sie, liebe Abiturienten und Abiturienten,
einen Song zu Ihrem Abitur-Motto gewählt haben, der 1989 seinen Weg in die deutschen Charts fand.
1989!
Ein geschichtsträchtiges Jahr,
das wir im kommenden November mit diversen Feierlichkeiten
rund um den 30. Jahrestag des Mauerfalls besonders begehen werden.
Dass dieses Lied dann auch noch von David Hasselhoff
Silvester 1989 in Berlin am Brandenburger Tor gesungen wurde,
ihm die Menschenmenge zujubelte,
machte ihn unfreiwillig zu einer Figur der Geschichte.
Ich, Thomas Nebenführ, will mit drei Stichpunkten diese Erfolgsstory garnieren, Sie ihnen mitgeben, in der Hoffnung, dass sie 30 Jahre in Erinnerung bleiben.
Frei sein will gelernt sein.
Freiheit fordert.
Freiheit lädt ein.
Warum soll Freiheit eine zu erlernende sein?
David Hasselhoff hat es musikalisch verkündet:
Ein junger Mann hört nicht auf seinen Vater, verlässt sein Zuhause, versucht sich mit Gelegenheitsarbeiten durchzuschlagen.
Die körperliche Anstrengung und die Armut stehen im Kontrast zu dem,
was er im Elternhaus erleben durfte, erleben musste,
denn das ist nicht seine Welt.
Er sucht und sucht …,
seine Freiheit findet er nicht.
Zurück in die Vergangenheit:
Es lohnt der Blick in die griechische Mythologie – auf ein Lehrstück.
Vom griechischen König Minos gefangen gehalten
stehen Ikarus und sein Vater Dädalus vor einer existentiellen Frage:
Wie gelange ich in die Freiheit?
Der einzige Ausweg – Sie ahnen es – ist über den Luftweg
der Gefangenschaft zu entfliehen.
So baut Dädalus für sich und seinen Sohn
Flügel aus Federn und Wachs.
Der Übermut lässt Ikarus so nah an die Sonne fliegen,
dass er ins Meer abstürzt.
Er schlägt den Hinweis seines Vaters,
dass das Wachs in der Sonne zu schmelzen droht,
förmlich in den Wind.
Der Preis, den Ratschlag seines Vaters nicht zu befolgen,
ist hoch, sehr hoch.
Sein Übermut wird bestraft.
Ikarus bezahlt mit dem Leben.
Dann stimmen wohl doch die mahnenden Worte
und der erhobene Zeigefinger.
Befolge gehorsam den Rat Deiner Eltern, Deiner Lehrer, Deiner Vorgesetzten –
und Dir wird nichts passieren.
Ihr Abimotto-Lied …wäre dann aber auch nicht in die Charts gekommen.
Das wäre unschön und auch zu einfach!
Freiheit verlangt von uns Wissen, Erkenntnis und maßvolles Handeln.
Schauen Sie, was für eine Problematik die Wachsflügel mit sich bringen!
Fliegst Du zu nah an die Sonne heran, schmelzen sie.
Fliegst Du aber zu tief über die Meeresoberfläche,
weichen die Wasserspritzer das Wachs auf.
Dieser zweite Hinweis von Dädalus
wird nicht verschwiegen,
aber leider allzu oft vergessen.
Du wähnst Dich in Sicherheit, meinst — hoffst — glaubst-
nicht so tief zu stürzen,
aber gerade das führt zu Deinem Untergang.
Auch die Komfortzone bietet nur scheinbar Sicherheit.
Auch sie gilt es zu meiden.
Die alten Muster, die vertraute Umgebung,
das haben wir noch nie so gemacht, die gute alte Zeit
und, und, und …
Freiheit muss nicht nur gelernt sein,
Freiheit fordert
Zum Beispiel Sie, liebe Abiturienten und Abiturienten.
Wie fühlt es sich an,
die individuelle Freiheit als Akt der Selbstbestimmung
nach erfolgreich absolvierter Abiturprüfung zu genießen,
dieses kaum beschreibbare Glücksgefühl,
das uns hier und jetzt gemeinsam mit Ihnen feiern lässt?
Diese Freiheit wird erfahrbar in der Spannung zur Sicherheit.
In der Spannung zwischen dem Alten und dem Neuen,
dem Schon und dem Noch-nicht.
Sie ist aber auch zu verorten in der Polarität mit der Verantwortung.
Freiheit ist ein wesentlicher Baustein im Prozess des Erwachsen-werdens.
Auf der allgemeinen menschlichen Ebene muss Freiheit
verstanden werden als eine
in den Grundrechten verbriefte Größe,
die die Würde des Menschen garantiert.
Eine geschenkte Würde,
die nicht verdient werden muss.
Und — das gehört auch hierhin –
zur gleichen Zeit kämpfen an anderen Orten der Welt
Menschen um diese Freiheit, um ihre Menschenrechte.
In Syrien, Afghanistan, Südsudan, Venezuela, Hongkong
um
persönliche, politische oder journalistische Freiheiten
in den Diktaturen dieser Welt.
Kampf gegen Rassismus, Kampf um Zugang zu natürlichen Ressourcen, um Nahrungsmittel und Wasser,
Kampf um körperliche Unversehrtheit.
Und — nicht zuletzt –
der Kampf um Bildung,
der in den meisten Ländern im Vorhinein aufgegeben wird,
weil die Kinder zum Unterhalt der Familie beitragen müssen.
Kämpfer für die Freiheit
gibt es unzählige.
Es sind all diejenigen, die sich Tag für Tag
den lebensunwürdigen Bedingungen des Alltags entgegenstellen und
sich und ihr Leben behaupten.
Es sind aber auch einzelne Personen, wie z.B.
Malala aus Pakistan,
eine nicht zuletzt wegen des Friedensnobelpreises (2014)
weltbekannte Kinder- und Frauenrechtlerin,
der zwei Jahre zuvor
von einer Gruppe radikaler Islamisten
mehrmals in den Kopf geschossen wurde und
die das Attentat wie durch ein Wunder überlebte.
Ihr Leitspruch: „Ich erhebe meine Stimme – nicht um zu schreien,
sondern für die zu sprechen, die keine Stimme haben.“
Das alles ist nicht neu!
Mahatma Gandhi, Martin Luther King und Nelson Mandela,
um nur drei herausragende Freiheitskämpfer
des letzten Jahrhunderts zu nennen,
haben mit ihrem Einsatz
auf die Ungerechtigkeiten und Verbrechen gegen die Humanität,
gegen das Menschliche,
gegen die Würde
aufmerksam gemacht und ebenfalls ihren Preis gezahlt.
Ja, sie wurden gehört
und dennoch
sind Ungerechtigkeit, Armut, Rassenhass und Krieg
unsere ständigen Begleiter,
wenn
wir bereit sind,
uns diese Nachrichten überhaupt noch zuzumuten.
Es bleibt ein Kampf, der uns täglich in die Verantwortung nimmt.
Und
es ist vor diesem Hintergrund umso tröstlicher und ermutigend,
das Aufbegehren der jungen Menschen in unserem Land zu sehen,
die sich der Zerstörung unseres Planeten entgegenstellen
und ihr kritisches Bewusstsein, ihr Unbehagen zum Ausdruck bringen.
Ein politisches Statement, ein Aufschrei, ein Hilferuf.
Können Sie ihn hören?
Darum folgen Sie dem Ruf der Freiheit.
Sie lädt ein.
Freiheit lädt ein
Sie als Individuum oder zusammen mit anderen,
als Gesellschaft oder Wirtschaft ordnendes Prinzip,
als religiöse oder ethische Größe,
als politisches oder ideologisches Konzept.
Stets ein Wagnis zwischen Sicherheit und Experiment.
Sie, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, wurden damit in dem schriftlichen Abitur auf erhöhtem Niveau in Deutsch konfrontiert.
Worum ging es?
Um die Interpretation des Gedichtes „Wonne der Einsamkeit“
von Ludwig Tieck (1802).
Die „Wonne der Einsamkeit“, die — folgt man den Gedanken Tiecks –
in der Natur zu finden ist,
wird mit dem Wort „Unbefangen“ zu umreißen versucht.
Die Aufforderung
„Kommt ihr Beengten, Herzbedrängten, entflieht und
entreißt euch der Quaal“
stellt die Spannung zwischen der Natur,
der Freiheit als Sehnsuchtsort
und dem Alltag
als Ort der Enge und der Beengtheit
eindrücklich dar.
Ich zitiere aus einer Klausur:
„…das lyrische Ich fordert das Publikum auf, aus ihrer Bedrücktheit
auszubrechen und in die Freiheit der Natur einzudringen.“
Ein Appell an die „Menschen im städtischen Alltag… ,
welche durch Arbeit und Flucht beengt sind.“
Oder um aus einer anderen Arbeit zu zitieren: „ …aus dem tristen Alltag
zu entfliehen. … Menschen, die dem tristen und belastenden
Alltagsleben zum Opfer gefallen sind.“
Hier werde „die abneigende Haltung des lyrischen Ichs“
dem „spießbürgerlichen Leben“ gegenüber „widergespiegelt“.
„Das exponiert gestellte Wort ‚Unbefangen‘
bringt die Assoziation von Selbstverständlichkeit und
Losgelöstheit von jeglichen Gedanken mit sich.
In der Einsamkeit der Natur wird es auch für das lyrische Ich möglich,
diese Unbefangenheit losgelöst von allen Sorgen auszuleben.“
Zitatende
In diesem romantischen Gedicht
werden wir von Ludwig Tieck eingeladen diese Freiheit zu erleben.
Und auch bei ihm ist sie nur in einer Spannung,
zwischen Polaritäten erfahrbar.
Weite der Natur und Enge des Alltags,
Last und Lust,
Lust und Frust
oder
etwas konkreter als Aufforderung mit dem Blick nach vorne:
Über den eigenen Schatten springen,
über mich hinauswachsen,
an meine Möglichkeiten glauben — gegen alle Widerstände,
die sich mir (vielleicht) entgegenstellen.
Suchen Sie,
suchen Sie Regionen auf,
in denen sie sich schon in den kühnsten Träumen wähnten.
Und genießen Sie es.
„Looking for Freedom“ sollte als Pflichtfach in den
Fächerkanon der Schule aufgenommen werden.
Staunen, träumen, sich ausprobieren,
in ungeahnte Dimensionen vorstoßen,
verrückte Ideen entwickeln, abheben und Purzelbäume schlagen.
Vielleicht haben Sie in den letzten 12 Jahren diese Dimensionen
in Ansätzen erfahren dürfen,
in der Lernpsychologie spricht man auch von dem Flow.
In ihm ist das Zeiterleben verändert,
Handlung und Bewusstsein fließen ineinander,
sodass alles mühelos erscheint …
… bis man plötzlich hier im Saal sitzt und erfährt,
wie es sich anfühlt, aus der Schule geschmissen zu werden.
Halten Sie nach der Freiheit Ausschau!
Entdecken Sie!
Das entdeckende Lernen,
hier bei uns erfahren und eingeübt,
ein Prozess,
in dem man in den Dingen aufgeht,
sich im positiven Sinne verliert und
neue Gedanken knüpft,
ist wesentliche Voraussetzung
für eine sich gestaltende und gelingende Zukunft,
über Parteiprogramme, Ideologien und
wirtschaftliche Erfolgsindikatoren hinweg.
Daran dürfen Sie nicht nur,
daran müssen Sie teilhaben.
Unsere Gesellschaft, die Region, Duderstadt und jeder hier im Saal
benötigt Ihre Kompetenzen, Ihren Freiheitsdrang,
Ihren Mut zum Entdecken, Ihre Inspiration, Ihren Gestaltungswillen.
“ABI looking for Freedom”
oder
wie es Mahatma Gandhi der Welt ins Poesiealbum geschrieben hat:
„Der Unterschied zwischen dem,
was wir tun und dem,
was wir in der Lage wären zu tun,
würde genügen,
um die meisten Probleme der Welt zu lösen.“
Finden Sie es heraus!
Die Frage nach den nächsten Schritten ist für viele von Ihnen
schon beantwortet.
Mut, Abenteuerlust und Gottvertrauen zieht Sie nach Australien,
Neuseeland, Brasilien, Kanada, Irland, Spanien und
andere schöne Orte dieser Welt.
Ihr soziales Engagement realisieren Sie in einem freiwilligen Jahr
in den unterschiedlichsten Bildungseinrichtungen.
Die Impulse, die Sie in den letzten Jahren hier in der Schule
und auch außerhalb bekommen haben,
setzten einige von ihnen in ein immer deutlicher werdendes
Mosaikbild zusammen
und beginnen zum Wintersemester ihr Studium.
Für mich war es beindruckend und berührend
mit welcher Klarheit und Überzeugung
Sie alle, liebe Abiturientinnen und Abiturienten,
mir bei der Verkündigung der Noten
von Ihren Plänen berichteten.
Sie alle gehen Ihren Weg.
Da bin ich mir sicher.
Und heute,
mit dem ersten Schritt von der Bühne,
wenn Sie ihr Abiturzeugnis erhalten haben,
spätestens dann,
beginnt IHR NEUER WEG.
Lassen Sie mich ein kleinwenig nachhelfen:
Mit der Übergabe des Zeugnisses sind Sie draußen, endgültig!
Keine Stufenfeten,
keine Durchsagen,
kein Oberstufenraum,
keine Vollversammlungen!
Aus, Schluss, Ende,
Startrampe — Abflug
oder auf Neudeutsch: EGDexit.
Liebe Abiturientinnen, liebe Abiturienten,
seien Sie begleitet von
unseren guten Wünschen und Gottes Segen!
Auf geht’s!